Christiane Eberhardine
Hans-Joachim Böttcher
Prinzessin von Brandenburg-Bayreuth, Kurfürstin von Sachsen und Königin von Polen, Gemahlin August des Starken
Zu den berühmtesten echten Bayreuthern gehört ohne Zweifel Christiane Eberhardine Prinzessin von Brandenburg-Bayreuth (1671 - 1727). Nach ihrer Eheschließung 1693 mit dem sächsischen Prinzen Friedrich August wurde sie unerwartet 1694 Kurfürstin von Sachsen, das damals zu den reichsten und mächtigsten Ländern des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation gehörte. Nachdem ihr Gemahl 1697 zum König der Adelsrepublik Polen gewählt worden war, führte sie sogar nominell den Titel einer Königin; welch ein ungeahnter Aufstieg für eine Bayreuther Prinzessin. In die Geschichte ging sie als die evangelisch strenggläubige Gemahlin von August dem Starken ein, dessen religiös-politischen Bestrebungen sie sich charaktervoll widersetzte.
Friedrich August I.
Als Tochter des hochadeligen Markgrafenpaares Christian Ernst von Brandenburg-Bayreuth und Sophie Luise von Württemberg war Christiane Eberhardine eine standesgemäß gute Heiratspartie. Das allerdings nicht in Hinsicht ihrer Mitgift, die auf Grund der schlechten Finanzlage der markgräflichen Familie relativ niedrig ausfiel. Da sie jedoch ein bezaubernd schönes Fräulein mit den besten Charakterzügen war, hatten ab 1690 trotzdem mehrere Bewerber um ihre Hand angehalten. Das waren einmal der katholische Kurprinz Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg sowie der Erbprinz Friedrich von Dänemark. Aber es war eben auch der sächsische Prinz Friedrich August. Die Verhandlungen der Bayreuther mit den Höfen der ersten beiden Bewerber erbrachten kein positives Ergebnis. Für den einen hatte sie nicht die richtige Religion und für den anderen wohl eine zu kleine Mitgift. So blieb nur der eigentlich von Christiane Eberhardines Eltern als unerwünscht betrachtete sächsische Prinz, als einziger Ehekandidat für ihre Tochter übrig. Wenig erfreut war man über ihn, da er nur der zweitgeborene Sohn des Kurfürsten von Sachsen war und zudem, da er schon zu diesem Zeitpunkt einen sehr schlechten Ruf als amouröser Abenteurer hatte. Aus Angst, ihre Tochter überhaupt nicht verheiraten zu können, stimmte das Markgrafenpaar schließlich nach Aushandlung des Ehevertrages dieser Verbindung zu. Die mehrtätige Hochzeit fand um den 20. Januar 1693 statt.
Schloss Torgau
Wie insbesondere von Markgräfin Sophie Luise befürchtet, verlief die Ehe ihrer Tochter mehr als unglücklich. Als nach dem plötzlichen Tod seines älteren Bruders (Kurfürst Johann Georg IV.) 1694 Friedrich August I. Kurfürst von Sachsen wurde, legte der noch weniger Wert auf ein gutes Verhältnis zu seiner Gemahlin. Seine sich verstärkenden außerehelichen Eskapaden führten dazu, dass Christiane Eberhardine ab Ende 1696 ein zunehmend eigenständiges Leben zu führen begann und die an und für sich schon strengen Hofetikette nutzte, um nur noch einen zunehmend sehr förmlichen Kontakt zu ihrem Gemahl zu pflegen. Dieser widmete sich zu jener Zeit immer intensiver dem politischen Streben, zum mächtigsten Fürsten des deutschen Reiches nach dem Kaiserhaus der Habsburger aufzusteigen. Um das zu erreichen, bewarb er sich um die Königskrone der Adelsrepublik Polen. 1697 konnte er diese mit viel politischem Geschick und gewaltigen Bestechungssummen erwerben; danach nannte er sich August II. Die Grundvoraussetzung für die Wahl war allerdings gewesen, dass er zum katholischen Glauben konvertiert.
Schloss Pretzsch
Für die fest im Protestantismus lutherischer Prägung verwurzelte Christiane Eberhardine war das Anlass sich nicht nur innerlich immer mehr von ihrem Gemahl zu distanzieren. Der setzte sie allerdings zunehmend unter Druck, ihre Hofhaltung ebenfalls nach Polen zu verlegen. Da Christiane Eberhardine befürchtete, dort gezwungen zu werden, zum Katholizismus zu konvertieren, lehnte sie das standhaft ab; selbst unter der Gefahr der Auflösung der Ehe. Um sich in diesem Konflikt behaupten zu können ließ sie sich nicht nur von ihren Eltern beraten, sondern bediente sich auch der direkten diplomatischen Hilfe durch ihren Vater und von Gesandten seines Hofes. Aber auch der sächsische Adel und die Geistlichkeit unterstützten sie in ihrer standhaften religiösen Haltung.
Bedingt durch die anhaltend unruhigen Verhältnisse in Polen sowie den 1701 begonnenem Nordischen Krieg gegen Schweden gab August II. den Versuch jeglicher religiöser Einflussnahme auf seine Gemahlin auf. Der für Sachsen katastrophale Folgen annehmende Krieg führte sogar 1706/07 zur Besetzung des Landes durch die Schweden. Damit jeglicher wirtschaftlicher und militärischer Grundlagen beraubt, musste August II. einen entehrenden Friedensvertrag unterzeichnen. Nun war er noch mehr auf die loyale Haltung seiner sächsischen evangelischen Untertanen angewiesen, um deren wirtschaftliche Potenzen verstärkt für den Wiederaufbau seiner Macht in Polen nutzen zu können. Wiederholt propagierte August II. darum in Sachsen eine tolerante religiöse Politik. Seine Gemahlin Christiane Eberhardine diente ihm nun als bestes Beispiel für deren Praktizierung in der eigenen Familie. Kein Sachse sollte irgendwie beeinflusst werden, zum Katholizismus zu konvertieren.
Kupferstich mit der Sterbeszene von Christiane Eberhardine
Bei seinem jugendlichen Sohn Friedrich August sah er das freilich anders. Diesen wollte er mit der Erzherzogin Maria Josepha, Tochter Kaiser Joseph I. verehelichen, damit er eines Tages eine Anwartschaft auf die Kaiserkrone des Heiligen Römischen Reiches oder zumindest auf die deutsche Königskrone erhalten sollte. Um diese Ehe in die Wege leiten zu können musste der evangelisch konfirmierte Friedrich August ebenfalls zum Katholizismus konvertieren. Über längere Zeit wurde er diesbezüglich durch einen ausgewählten katholischen Hofstaat in Italien religiös massiv beeinflusst. Da das nicht das erwartete Ergebnis brachte, forderte ihn sein Vater letztlich durch ein Machtwort zum Glaubenswechsel auf; das bewog den jungen August Friedrich 1712 nachzugeben. Fünf Jahre das geheim haltend, erfuhr seine Mutter erst Ende 1717 von der Konversion ihres Sohnes. Während all dieser Jahre hatte sie gebetet und gehofft, dass Friedrich August dem Druck seines Umfeldes widerstehen kann. Dessen Glaubensabfall betrachtete sie als Prüfung für sich. Hinsicht ihrer evangelischen Konfession stand sie nun in ihrer sächsischen Familie allein da. In verstärktem Maße suchte sie zunehmend ihr Lebensglück in einer intensiv praktizierten christlichen Lebensführung.
Schon 1697 hatte Christiane Eberhardine ihren Hauptwohnsitz fernab von Dresden in dem ehemaligen Residenzschloss Hartenfels in Torgau genommen. Von hier unternahm sie Reisen nach Dresden oder Leipzig, wo sie mit ihrem Gemahl gezwungener Maßen ein Mindestmaß an gemeinsamen Verpflichtungen absolvierte. Daneben fuhr sie aber auch mehrere Jahre oftmals über Monate vorrangig zu Kuraufenthalten nach Böhmen, besuchte ihre alte Heimat Bayreuth oder hielt sich im Sommer in ihrem nahe von Torgau gelegenem kleinerem Schloss Pretzsch auf. Dieses wurde entsprechend der von ihrem Gemahl zur Verfügung gestellten Finanzmittel langsam modernisiert und auf das bequemste eingerichtet. Als besondere Zierde ließ sie es mit einer sehr großen Anzahl Gemälde ausstatten, woran sie sich offenbar gern erfreute. Aber auch Gärten liebte Christiane Eberhardine sehr und ließ sich an ihrem Schloss in Pretzsch eine kleine, aber doch sehr attraktive Anlage gestalten. Diese wies zudem eine außergewöhnlich große Anzahl von figürlichen Plastiken auf, woran sie also ebenfalls Gefallen fand. Aber auch an anderer weltlicher Beschäftigung, wie dem profanen Kartenspiel mit Damen und Herren ihres Hofes hatte sie ihren Spaß.
Blick in den Chorraum der Kirche St. Nikolai in Pretzsch
Im Laufe der Jahre zog sich Christiane Eberhardine gesellschaftlich immer mehr auf Schloss Hartenfels in Torgau und ab 1721 vollends nach Pretzsch zurück. Mit zunehmendem Alter schränkte sie ihre Aufenthalte in der Residenzstadt Dresden auf seltene Anlässe ein, ebenso ihre sonstigen Reisen. Ihre Lebenswelt war damit nur noch ihre sehr konservative, evangelisch ausgerichtete Hofhaltung. Hier bestimmten Besuche von täglich mehreren Gottesdiensten, Gebeten Lesen der Bibel sowie anderer religiöser Literatur insbesondere Gesangbüchern und christliche Werktätigkeit den Tagesrhythmus. Am 5. September 1727 verstarb Christiane Eberhardine, Kurfürstin von Sachsen und ungewollte Königin von Polen in ihrem Schloss in Pretzsch, so wie sie gelebt hatte, gläubig und furchtlos. Hier wurde sie auch in der örtlichen Nikolaikirche beigesetzt.
Weiterführende Literatur: Hans-Joachim Böttcher. Christiane Eberhardine - Prinzessin von Brandenburg-Bayreuth, Kurfürstin von Sachsen und Königin von Polen, Gemahlin August des Starken. Dresden 2011. ISBN 978-3-941757-25-7.
*****
Fotos :
1. Christiane Eberhardine auf einem Ölgemälde das vor 1697 entstand (Sammlung Bor, Pretzsch).
2. Friedrich August I. auf einem vor 1697 entstandenem Ölgemälde (Sammlung Bor, Pretzsch).
3. Schloss Torgau. Der südöstliche Flügel „C" vom Innenhof, in dessen dritten Geschoss sich die Gemächer von Christiane Eberhardie befanden.
4. Blick (Ende des 18. Jh.) auf den Nordflügel von Schloss Pretzsch. Hier befanden sich in der mittleren Etage Christiane Eberhardines Privat- und Empfangsräume, rechts außen ihr Schlaf- und Sterbezimmer (Archiv Stadtmuseum Pretzsch).
5. Kupferstich mit der Sterbeszene von Christiane Eberhardine (Archiv Stadtmuseum Pretzsch).
6. Blick in den Chorraum der Kirche St. Nikolai in Pretzsch mit ihrem rechter Hand stehendem schlichten Grabtumba (Foto: E. Dubrau, Pretzsch).