Inmitten der stadtmauerumringten Altstadt steht die Kirche St. Georg. Ihr mächtiger, 90 Meter hoher Turm ist von überall aus zu sehen. 1454 wurde mit seinem Bau begonnen. Es dauerte ein halbes Jahrhundert, bis er mit einem Notdach versehen wurde. 1537 zerstörte ein Blitzschlag das Dach. Bald darauf wurde der Glockenturm mit Türmerstube, Bett, Ofen, Toilette und Kochecke vollendet. Man nannte den Turm simpler Weise „Stain“. Dann wurde er auf „Wendelstein“ umgetauft. Ein Bibelzitat brachte ihm schließlich seine heutige Bezeichnung „Daniel“. Dort heißt es: „Und der König erhöhte Daniel und gab ihm große und viele Geschenke und machte ihn zum Fürsten über die ganze Landschaft …“ Der Turm war für Nördlingen von hoher Bedeutung. Ständig war er von zwei Wächtern besetzt. Um sicher zu gehen, dass sie auch nachts ihre Posten bezogen hatten, mussten sie „So, G’sell, so“ rufen. Bis heute schallt dieser Ruf zwischen 22 und 24 Uhr alle halbe Stunde vom Turm. Seit 2010 hat Daniel einen ständigen Wächter. Eines Tages war eine Katze da, die bald den Spitznamen „Wendelstein“ abbekam. Da sie die schmutzenden Tauben auf dem Turm vertreibt, und die Stadt ihr das Futter spendiert, ist sie geblieben. So begrüßt sie die Besucher des Turms mit freudigem Schnurren, fühlt sich in der Turmstube offensichtlich recht wohl und sieht sich Nördlingen von oben an.
Weitere Informationen:
Spätgotische Hallenkirche St. Georg
Marktplatz 10
86720 Nördlingen
*****
Textquelle:
Rosenzweig, Werner: Romantische Straße: Die 99 besonderen Seiten der Region, Halle (Saale): Mitteldeutscher Verlag, 2019.
Bildquelle:
Fotografien: Rosenzweig, Werner, entnommen ebd.