Die Walhalla gilt als Hauptwerk aller Kunstschöpfungen des bayerischen Königs Ludwig I.
(1825 - 1848). Der Architekt Leo von Klenze erbaute sie in der Zeit vom 18.10.1830 (Grund-
steinlegung) bis zum 18.10.1842 (feierliche Eröffnung) in gewollter Nachbarschaft zur ehe-
maligen „Freien Reichsstadt" Regensburg mit gotischem Dom. Das bedeutendste deutsche
Nationaldenkmal der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts bildet mit der historischen Kulturland-
schaft an der Donau ein sinnvolles und beziehungsreiches Ensemble.
Die Existenz der Walhalla ist ohne König Ludwig I. nicht denkbar. Obwohl sein Enkel Lud-
wig II. populärer scheint, befinden namhafte Historiker den Griechenfreund Ludwig I. als den
einflussreichsten und wichtigsten Wittelsbacher auf dem Thron. Mit Hilfe seiner großartigen
Architekten Leo von Klenze und Friedrich von Gärtner ließ er die Residenzstadt baulich so
formen, dass „keiner behaupten könne, er kenne Deutschland, wenn er nicht München gesehen
habe". Stein gewordene Zeugen seiner Gesinnung finden wir in der Glyptothek, der alten und
neuer Pinakothek, der bayerischen Ruhmeshalle mit Bavaria oder der Feldherrnhalle.
Der kongeniale Architekt Leo von Klenze (1784 - 1864) führte einen Großteil der genannten
Artefakte als Leiter der obersten Baubehörde aus. Eine für sein Denken und Handeln bestimm-
ende Maxime beschreibt er so: „Der dorische Peripteros (Ringhallentempel wie die Walhalla)
ist das schönste Gebäude der Welt und aller Zeiten und die einzige, wahre, mathematisch ge-
wiss beste Architektur". Auch er selbst betrachtete die Walhalla als sein architektonisch wich-
tigstes Werk.
Die Außenarchitektur der Walhalla ist dem Parthenon auf der Akropolis in Athen nachempfun-
den (nicht nachgebaut!). Der Innenraum mit den derzeit 126 Büsten und 64 Gedenktafeln gleicht einem römischen Atrium oder einer einschiffigen Wandpfeilerkirche.
Walhalla bedeutet übersetzt „Totenhalle". Eine Aufnahme in den Tempel setzt also den Tod
voraus. Ein Platz in der Ruhmeshalle kann für eine bedeutende Persönlichkeit aus der „ger-
manisch-deutschen" Sprachfamilie frühestens 20 Jahre nach deren Tod beantragt werden.
Sogar den egalitären Gedanken der französischen Revolution hat Ludwig in die Konzeption
mit einbezogen: „Kein Stand nicht, auch das weibliche Geschlecht nicht, ist ausgeschlossen,
Gleichheit besteht in Walhalla; hebt doch der Tod jeden irdischen Unterschied auf".
Die Reihe der auf Gedenktafeln Verewigten beginnt mit Hermann den Cherusker und endet
mit Peter Henlein (Erfinder der Taschenuhr). Da authentische Abbildungen fehlten, konnten
von dieser Personengruppe keine Büsten angefertigt werden. Darunter befinden sich historische
Größen wie Alarich, Theoderich der Große, Bonifatius, Karl der Große, Roswitha von Ganders-
heim oder Walther von der Vogelweide.
Die Reihe der Büsten beginnt mit dem deutschen König Heinrich I. („der Finkler") und endet
vorerst mit Sophie Scholl (Mitglied der „Weißen Rose"; Aufnahme der Büste: 22.02.2003).
Alle großen Dichter (Goethe, Schiller), Komponisten (Bach, Händel, Haydn, Mozart, Beet-
hoven) oder Wissenschaftler (Röntgen, Einstein) sind neben Politikern (Bismarck, Adenauer)
und Regenten (Friedrich der Große, Maria Theresia, Kaiser Wilhelm I.) vertreten.
Viele bedeutende Personen werden auch vermisst: Heinrich Heine, Max Planck, Robert Koch
oder Albert Schweitzer fehlen leider.
Die Walhalla wurde als offenes Baudenkmal konzipiert. Dies bedeutet, dass die Reihe der Per-
sönlichkeiten in ungleichen zeitlichen Intervallen ergänzt wird.(1990: A. Einstein; 1998: K. Ade-
nauer; 1999: Schwester Gerhardinger 2000: Joh. Brahms; 2003: S. Scholl).
Mit Carl Fr. Gauß (Mathematiker) am 12.09. 2007, Edith Stein (Nonne) am 25.06.2009 u. Heinrich Heine (Dichter) am 28.07.2010 wurde auf Beschluss des Bayer. Ministerrats die Reihe großer „Deutscher" für die Walhalla fortgesetzt.
Die Aufnahme von Persönlichkeiten kann jeder Deutsche bzw.jede deutsche Interessengruppe beim bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst in München beantragen. Allerdings muss der Antragsteller mit der Konsequenz rechnen, bei einem positiven Bescheid sämtliche anfallenden Kosten zu übernehmen (ca 30.000,-- €).
In der Retrospektive wirkt die Walhalla wie das verkleinerte Modell eines paneuropäischen
Denkmals. Einige Walhallagrößen scheinen den engen „deutschen" Rahmen zu sprengen.
Karl der Große wird von den Franzosen, Kopernikus von den Polen, Wallenstein von den
Tschechen, Maria Theresia von den Österreichern, Alfred der Große und G.Fr. Händel werden
von den Engländern, Karl X. wird von den Schweden, Katharina II. von den Russen oder Erasmus von Rotterdam von den Holländern sowie Nikolaus von der Flue von den Schweizern
zu Recht gleichermaßen vereinnahmt.
Gerade durch diesen romantischen Akt der „Entgrenzung" gewinnt die Walhalla eine Position
mit Völker verbindendem Charakter. Was könnte besser in unsere Zeit mit 27 eng verbundenen, europäischen Staaten passen als diese Interpretation?
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Text und Bild mit freundlicher Genehmigung von Walhallaverwalter Robert Raith
2. Bild: Tim Meuer www.wikipedia.de
Weitere Informationen unter http://www.walhalla-regensburg.de/