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Das verlassene Krankenhaus bei Tschernobyl

Nic

Heft, 28 Seiten, 2020 - ab 23 Nov. erhältlich

Die Stadt Prypjat liegt nur 3 Kilometer von Tschernobyl entfernt. Im hiesigen Krankenhaus wurden unmittelbar nach der Explosion des Atomreaktors die ersten stark verstrahlten Opfer behandelt. Viele von Ihnen sind an der massiven Strahlenbelastung gestorben.

Am 27. April 1986, einen Tag nach der Nuklearkatastrophe, wurde die Prypjat evakuiert. Seither ist die Stadt, wie auch das hier gezeigte Krankenhaus verwaist. 30 Jahre Leerstand hinterlassen Ihre Spuren. Nic führt uns auf einem Rundgang durch verlassene Gänge vorbei an verfallenen OP-Sälen und Behandlungszimmern.

Für alle Fans von Lost Places.

Ab 4 Heften versenden wir versandkostenfrei.

Graf Nikolaus von Luckner

Graf Nikolaus von Luckner

Uta Plisch

Graf Nikolaus von Luckner, ein großer Sohn der Stadt Cham

Graf Luckner (Foto Starchiv Cham)
Graf Luckner (Foto Starchiv Cham)

Am 4. Januar 1794 starb eine der schillerndsten Persönlichkeiten des 18. Jahrhunderts in Paris unter der Guillotine, Graf Nikolaus von Luckner, Marschall von Frankreich.

Nikolaus, geboren am  11. Januar 1722 in Cham, war der zweitjüngste von 8 Kindern einer wohlhabenden Chamer Familie. Sein Vater Samuel Luckner war Hopfenhändler, Bierbrauer und Gastwirt und Bürgermeister der Stadt. Er starb, als Nikolaus 7 Jahre alt war. Die Mutter verkaufte das Gasthaus und zog mit ihren Kindern zu ihrer Familie nach Kötzting zurück.

Der Vater hatte für seinen Sohn eine Karriere als höherer Beamter oder als Geistlicher vorgesehen. So besuchte Nikolaus erst die Chamer Lateinschule und danach die Jesuitenkollegien in Straubing und Passau. Aber Lernen und Studieren, das war ganz bestimmt nicht das, was ihm als Lebensinhalt vorschwebte. Seine Lehrer hatten bald einen Spitznamen für ihn: Libertinus, was so viel bedeutet wie Wildfang, Freigeist. Sie konnten ihn kaum bändigen. Und Nikolaus wusste genau, was er nicht wollte, nämlich ein geordnetes bürgerliches Leben führen. Aber noch fehlte ihm die Initialzündung, die sein Leben in die gewünschte Richtung katapultieren sollte.

Aus seiner Schulzeit ist eine Anekdote überliefert, dass er an Lichtmess Tinte ins Weihwasser schüttete, und jeder, der sich nach der Messe damit bekreuzigte, verdreckte sich Gesicht und gute Kleider. Man fand den Übeltäter damals nicht, er selbst verriet sich grinsend bei der Übergabe der Abschlusszeugnisse.

Es kam das Jahr 1737 und der bayerische Kurfürst schickte seine Soldatenwerber aus. Sie versprachen der männlichen Jugend bei einer Anwerbung Ruhm und Ehre. Aber was dabei noch verlockender war: Es gab gutes Geld zu verdienen. Endlich konnte Nikolaus die Schullaufbahn hinter sich lassen, und er wurde Kadett im Infanterieregiment Morawitzky. Die militärische Laufbahn war damals nicht sehr hoch angesehen in der Bevölkung, was ja auch kein Wunder war, da diese die Söldner ernähren musste. Man kann sich vorstellen, dass die Familie von Nikolaus nicht sehr erfreut war über seine Entscheidung, Soldat zu werden. 

Luckner-Haus mit Gedenktafel in Cham
Luckner-Haus mit Gedenktafel in Cham

Nikolaus war fünfzehn Jahre alt, als seine militärische Laufbahn begann. Er soll bereits 1737-1739 in Ungarn am Krieg gegen die Türken teilgenommen haben. Sein nächster Einsatz erfolgte im Österreichischen Erbfolgekrieg (1742-1745), wo er zum Leutnant befördert wurde.

Ein letztes Mal kam er 1743 nach Cham zurück und fand seine Heimatstadt verwüstet und geschändet durch Trenck den Panduren, der ein Jahr zuvor die gesamte Stadt geplündert und in Brand gesetzt hatte. Die überlebenden Einwohner blieben verarmt zurück. Auch das Geburtshaus von Nikolaus war abgebrannt. Heute erinnert eine Tafel am Platz seines Geburtshauses an ihn:

"Auf diesem Platze stand das durch den großen Brand der Stadt im Jahre 1873 zerstörte Geburtshaus des Grafen Nikolaus von Luckner, Marschalls von Frankreich. Als Sohn eines Gastwirts dahier am 1. Januar 1722 geboren, starb er in Paris auf der Guillotine am 3. Januar 1794. Errichtet vom Stadtmagistrat Cham am 100jährigen Todestag des großen Kriegshelden."

Nikolaus kehrte seiner Heimatstadt den Rücken und kam nie mehr zurück.

Nach dem Ende des österreichischen Erbfolgekrieges verdingte sich Luckner mit seinem Husarenregiment kurze Zeit in den Niederlanden. 1758 heiratete er dort Johanna Cornelia Cuijpers, mit der er fünf Kinder hatte. Sie besaß ausgedehnte Güter in Holstein. Er selbst war ebenfalls durch Kriegsbeute, Zahlungen und Geschenke des Herzogs von Braunschweig zu einem begüterten Mann geworden. So war er in der Lage, die Besitzungen in Holstein noch zu vermehren, wohin er sich in Friedenszeiten zurückzog. Christian VII., König von Dänemark, unter dessen Hoheit Holstein stand, erhob ihn 1778 in den Freiherrnstand. Sechs Jahre später folgte der Titel eines dänischen Grafen.

Für die damalige Zeit war der Aufstieg Nikolaus Luckners aus bürgerlichen Verhältnissen in den Adel und vom einfachen Soldaten bis zur Spitze der französischen Armee ein einmaliger Vorgang. Militärische Spitzenpositionen wurden grundsätzlich nur durch Adelige besetzt. Diese unterschieden sich im Benehmen und Ausdruck meilenweit vom gemeinen Soldaten, woraus viele Konflikte entstanden. Nikolaus hingegen war sehr beliebt bei seinen Truppen, denn er war einer, der ihre Sprache sprach und sie verstand.

Graf Luckner in Husarenuniform
Graf Luckner in Husarenuniform

Nikolaus Luckner lernte das Kriegshandwerk schnell. Er besaß Mut, und er hatte Glück. Kein einziges Mal in seiner langen Militärkarriere wurde er ernsthaft verwundet. Nach kurzer Zeit beherrschte er die Kunst, die man heute Guerilla-Taktik nennt, nämlich dem Feind mit gezielten Operationen überraschend in den Rücken zu fallen. Dazu benötigte man wenige, gut ausgebildete Reiter und einen Anführer mit taktischem Geschick, so einen wie Luckner eben. Er machte schnell Karriere. Als Major nahm er am Siebenjährigen Krieg teil und kämpfte unter der Flagge des Herzogs von Braunschweig. Nachdem es ihm gelungen war, durch seinen Mut den Herzog vor französischer Gefangenschaft zu bewahren, wurde über ihn überall erzählt, er sei in der Lage, Wunder zu verrichten. Ein Teufelskerl eben. Sein Husarenkorps war beim Feind berüchtigt. Dieses bestand anfangs aus 54 Mann und wuchs innerhalb kurzer Zeit auf das Zehnfache an. Luckner und seinen Husaren gelang es im August 1759, das Portefeuille des französischen Marschalls zu erbeuten mit geheimen Anweisungen des Kriegsministeriums. Dies alles wirkte sich natürlich auch auf seine Karriere aus. Er benötigte nur sieben Jahre, um vom Major zum Generalleutnant befördert zu werden, ein für einen Bürgerlichen einmaliger Vorgang, nur erklärbar durch die damals herrschenden Kriegszeiten.

1763 endete der Krieg. Luckners Regiment wurde aufgelöst, er erhielt nur noch die Hälfte seines Solds. So macht er sich auf und suchte nach neuen militärischen Herausforderungen. Man kannte ihn beim Gegner durch seine militärischen Erfolge, die sich schnell herumgesprochen hatten. Frankreich und Russland bewarben sich um ihn. Zur damaligen Zeit war die Vaterlandsliebe noch nicht sehr ausgeprägt, der Soldat verdingte sich dort, wo er am meisten verdiente. Nationalstolz war dem Söldner fremd. So entschied sich Luckner, das französische Angebot für ein Jahresgehalt von 30.000 Livres anzunehmen.

Die nächsten Jahre waren allerdings mehr oder weniger friedlich und boten ihm keine Gelegenheit, das Kriegshandwerk auszuüben. Er zog sich ins Privatleben zurück und bewirtschaftete seine Güter in Holstein.

Am 14. Juli 1789 war es vorbei mit dem Frieden, die Französische Revolution begann. Luckner war zwar schon 67 Jahre alt, aber er überlegte nicht lange und bat 1790 die Nationalversammlung um Reaktivierung seines militärischen Dienstes. Mit den Idealen der Französischen Revolution hatte er nichts am Hut, er hatte nie so richtig verstanden, welch ein politisches Erdbeben dadurch in Gang gesetzt worden war.

Graf Luckner wurde am 1. April 1791 Oberbefehlshaber der Rheinarmee und am 28. Dezember desselben Jahres Marschall von Frankreich. Viele Hoffnungen ruhten auf ihm, dem Helden des Siebenjährigen Krieges, der noch keine Schlacht für Frankreich geschlagen hatte.

Im April 1792 wurde Österreich der Krieg erklärt. Das Volk jubelte. Dies war der Zeitpunkt, an dem die Marseillaise entstand, der Kriegsgesang der Rheinarmee, verfasst durch den Leutnant Rouget de Lisle, Marschall Luckner gewidmet.

Luckner errang erste Siege, obwohl der Zustand der Armee erbärmlich war. Hier wäre ein Spruch Friedrich II. des Großen angebracht: "Ohne Nachschub ist keine Armee tapfer." Es fehlte an allem, und nicht zuletzt deswegen ließ auch die Disziplin der Truppen zu wünschen übrig. Man feierte ihn als Retter Frankreichs, aber die versprochenen Unterstützungen ließen auf sich warten.

Nikolaus Graf Luckner, Ölgemölde von Auguste Couder (1834)
Nikolaus Graf Luckner, Ölgemölde von Auguste Couder (1834)

Luckner war inzwischen 70 Jahre alt. Er sammelte in Straßburg seine Armee und überschritt mit ihr die belgische Grenze. Es gelang ihm, die Österreicher zurückzudrängen. Als Befehlshaber der Nordarmee nahm er die Städte Menen und Courtrai ein. Er tauschte mit General Lafayette das Kommando. Als dieser kurze Zeit danach gegen die Republik putschte, geriet auch Luckner unter Verdacht. Er verlor dann auch sein Kommando, als es preußischen Truppen gelang, an einem Grenzabschnitt, für den Luckner verantwortlich war, durchzubrechen. Eine Untersuchungskommission stellte anschließend fest, dass Luckner keine Schuld traf. Er erhielt noch den Ehrentitel eines Generalissimus der französischen Armee, aber seine militärische Karriere fand hier ihren Abschluss. Eine Woche später gelang es mit der Kanonade von Valmy, den preußischen Vormarsch zu beenden, doch mit diesem Erfolg hatte Luckner schon nichts mehr zu tun. Er erhielt seinen Abschied mit dem Versprechen, ihm eine Pension von 36.000 Francs zu gewähren.

Graf von Luckner war ein Mann des Krieges, kein Politiker. Die Gefahr, die damals von den Revolutionsgarden ausging, schien er nicht erkannt zu haben, denn sonst hätte er sich nicht nach Paris aufgemacht, um seine ausstehende Pension einzufordern zu einer Zeit, als in Paris die Köpfe nur so purzelten. Er fühlte sich im Recht, und er wollte das einfordern, was ihm zustand. Das Geld hätte er nicht gebraucht, er war ein sehr reicher Mann. Prinz Carl von Hessen denunzierte ihn als Landesverräter, und so wurde er verhaftet und vor das Revolutionstribunal gestellt. Man warf ihm vor, ein verkappter Royalist zu sein und Frankreich im Krieg durch undurchsichtige Manöver verraten zu haben. So wurde er zum Tode durch die Guillotine verurteilt. Voller Würde starb er am 4. Januar 1794 unter dem Fallbeil.

Ein Jahr später wurde er vom Nationalkonvent rehabilitiert. Sein ältester Sohn Nikolaus Graf von Luckner (1750-1824) erhielt vom Konvent den Marschallstab seines Vaters samt Ernennungsurkunde sowie die nicht ausgezahlten Pensionen.

Der Name von Niclas Luckner, wie ihn die Franzosen nannten, wurde 1836 in den Nordpfeiler des Arc de Triomphe in Paris eingraviert.

Nikolaus von Luckner ist übrigens der Ururgroßvater eines berühmten Nachfahren, Felix Graf von Luckner, Seeheld des Ersten Weltkriegs und Schriftsteller.

 

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Quelle: Stadtarchiv Cham
Foto Lucknerhaus: Rita Dadder

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