Augsburg ist eine der ältesten Städte Deutschlands. Ihr Ursprung geht auf ein römisches Heerlager, 15 v. Chr. zurück Die Geschichte der späteren Provinzhauptstadt Augusta Vindelicorum ist vielfältig und abwechslungsreich. Und dennoch, niemand hat die Geschichte der Stadt so sehr geprägt wie die Kaufmannsfamilie der Fugger. Es war im Jahr 1367, als der Webermeister Hans Fugger sich in der Stadt ansiedelte. Er heiratete und hinterließ zwei Söhne, Andreas und Jakob Fugger, welche sich das Familienerbe teilten. Die Zeiten damals waren hart. Von den goldenen Zeiten der Renaissance zu sprechen, traf nur auf die wirklich Reichen zu. Rund neunzig Prozent der damaligen Stadtbevölkerung war bettelarm. Die Zeit und die Reformation spalteten die Stadt in Altgläubige und evangelische Christen, in Arm und Reich, in Luxus und Armut, in Luther- und Fuggeranhänger. Es war der Familienzweig des Jakob Fugger, der es zu sagenhaftem Reichtum und Einfluss schaffen sollte. Einer seiner sieben Söhne, Jakob Fugger „der Reiche“, hatte sich zu einem modernen Unternehmer gemausert und stieg bald zum führenden Kaufherrn und Montanunternehmer seiner Zeit auf. Seinen sagenhaften Reichtum erwarb er durch sein Engagement im Kupferund Silberbergbau. Mit seinen ihm zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln finanzierte er den Aufstieg der Habsburger zur Weltmacht. Jakob lebte in den Zeiten des auslaufenden Mittelalters. Die Zeit war tief geprägt vom religiösen Glauben und der Furcht vor dem Fegefeuer. Ablass tun half. Davon war man überzeugt, auch Jakob Fugger.
So stiftete der im Jahr 1511 Geadelte zehn Jahre später die Fuggerei, nur wenige Schritte vom Renaissance-Rathaus entfernt. Sie ist die älteste Sozialsiedlung weltweit. Zunächst entstanden 52 zweistöckige Häuser, in denen hauptsächlich Familien wohnten. Aufgenommen wurden nur bedürftige Katholiken, die sich verpflichteten, täglich drei Gebete für den Stifter und seine Familie zu sprechen. Neben der Gebetsverpflichtung sollten sie auch bereit sein, kleinere Dienste für das Allgemeinwohl, wie Nachtwächter, Mesner, oder Gartenpflege, zu übernehmen. Auch heute, knapp 600 Jahre später, gilt immer noch, was damals schon galt: Auf einer ummauerten Fläche von rund 15.000 Quadratmetern stehen zwischenzeitlich 67 Häuser mit 142 Wohnungen. Im Laufe der Zeit kamen auch noch die St. Markuskirche, zwei Museen und ein Verwaltungsgebäude hinzu. Rund 150 Bewohner leben heute in der Fuggerei. Sie bezahlen eine Jahreskaltmiete von 88 Cent für durchschnittlich 60 Quadratmeter große Wohnungen. Nebenkosten sind separat zu entrichten. Auch die Gebetsverpflichtung gilt nach wie vor. Täglich um 22 Uhr werden die Tore der Fuggerei geschlossen. Wer danach um Einlass bittet, bezahlt 50 Cent an den Nachtwächter. Wer nach Mitternacht kommt, muss einen Euro löhnen. Die Fuggerei ist heute eines der meistbesuchten städtischen Touristenziele. Ein kleiner Eintrittsobolus dient zum Erhalt der Wohnanlage.
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Textquelle:
Rosenzweig, Werner: Romantische Straße: Die 99 besonderen Seiten der Region, Halle (Saale): Mitteldeutscher Verlag, 2019.
Bildquelle:
Fotografien: Rosenzweig, Werner, entnommen ebd.