Sowohl in Oberbayern als auch in Tirol ist die Volkssage der drei wilden Frauen in vielen Orten überliefert oder sogar niedergeschrieben worden. Auch existiert in dieser Gegend eine Vielzahl von Höhlen, die „das Frauenloch“ genannt werden. Einer dieser Höhlen befindet sich an dem Berg Staufen. Was es nun mit den drei wilden Frauen auf sich hat und welche Geheimnisse der Staufen noch vor neugierigen Blicken zu verbergen weiß, davon berichtet die folgende Sage.
Auf dem Berg Staufen existiert bereits seit langer Zeit eine Felsenhöhle namens „Frauenloch“, in welcher, so erzählten die Menschen in der Region, die drei wilden Frauen wohnten. In einigen Abständen pflegten diese Damen ihre weiße Wäsche vor die Höhle zu hängen.. Sahen dies die Bewohner des Tales, so sagten sie: „Jetzt wird es schönes Wetter, die wilden Frauen haben ihre Wäsche aufgehängt!“ Von den Frauen selbst wird berichtet, zwei hätten eine weiße Hautfarbe, die dritte aber eine weiße und schwarze Hautfarbe. Vor dem Frauenloch saß stets ein großer schwarzer Hund mit roten Augen, der einen großen Schatz bewachte. Zuweilen wurde aus der Höhle auch das Krähen des Hahnes vernommen, zeitgleich mit der Geburt eines Kindes in den umliegenden Ortschaften. Bald nach der Geburt schickten sich die drei wilden Frauen an, in das Haus des Neugeborenen zu kommen und dort ein Ständchen zur Geburt vorzutragen. Den Kindern, welchen dies wiederfahren war, sagten die Leute im Allgemeinen ein großes Glück für ihr Leben nach. Fand in der näheren Umgebung eine Hochzeit statt, kam es gelegentlich vor, dass die drei wilden Frauen ihr Ständchen weit über die Berge vernehmen ließen. Doch nur, wenn sie bestimmte Menschen ihres Glückes wegen auszeichnen wollten. So heiratete einst ein Bäcker aus Hausmaining eine Frau von außergewöhnlicher Schönheit und die drei Frauen ehrten das Paar sogar mit einem Besuch auf ihrer Hochzeit.
Eine weitere Begebenheit, welche immer wieder von den umliegenden Anwohnern berichtet wurde, ereignete sich an dem unter dem Frauenloch gelegenen Falkensee. Dort sahen die Leute des nachts oft ein schwarzes Ross erst in langsamen Trab bis hin zur gemauerten Brücke gehen und anschließend in immer schnellerem Trab zum Falkensee zurückkehren.
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Textquelle:
In Anlehnung an: Panzer, Friedrich: Bayrische Bräuche und Sagen: Ein Beitrag zur deutschen Mythologie, München: Christian Kaiser, 1848; mitgeteilt von Revierförster Wex.
Bildquelle:
Vorschaubild: Questa e megera dal sinistro canto at cornell insight, John Flaxman via Wikimedia Commons Gemeinfrei.
Wildes Frauenloch bei Radstadt, 2013, Urheber: Christian Pirkl via Wikimedia Commons CC BY-SA 4.0.
Silhouette-Zeichnung-Gliederung Pferd, 2015, Urheber: ArtsyBee via Pixabay CCO.