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Sommerschnee

Berndt Seite

Hardcover, 124 S., 2020 erscheint demnächst; Bereits vorbestellbar

ISBN: 978-3-86397-134-2
Preis: 15,00 €

Sommerschnee – das sind die luftig-bauschigen Samenfasern der Pappelfrüchte, die sich im Sommer öffnen und die Welt mit ihrem weißen Flaum überziehen: Schnee in der wärmsten Jahreszeit. Mal melancholisch, mal mandelbitter, aber stets in größter Genauigkeit geht Berndt Seite auch in seinem neuen Lyrikband den Erscheinungsformen der Natur nach und lotet in ihnen die Bedingungen des Lebens aus.

Die Geisterkirche auf dem Ochsenkopf

Die Geisterkirche auf dem Ochsenkopf

Ludwig Zapf

Eine wunderliche Kirche erscheint einmal im Jahr am Heiligen Johannistag, prunkvolle Schätze offenbaren sich mit ihr zusammen auf dem Ochenskopf des Fichtelgebirges. Zumindest berichtet das die bayerische Überlieferung, die Zapf in seinem Gedicht über die Geisterkirche aufgegriffen hat. Ebenso findet sich darin ein kleiner Hinweis darauf, dass zu früheren Zeiten das Fichtelgebirge Goldgräber, insbesondere aus Venedig, angezogen haben soll. Aber das ist eine andere Sage.

Carolin Eberhardt

Einsam, schauerlich und stille

Ist’s am hohen Fichtelberg,

oben fliegen scheu die Raben,

in der Tiefe klopft der Zwerg.

 

Graue Wolken hängen stockig

In den finstern Wald herein,,

sausend regen sich die Bäume,

Wasser rieseln vom Gestein.

 

Ungesehen blüht im Schatten

Noch die Wunderblume hold

Und im Innersten verborgen

Düster glüht das rote Gold.

 

An dem heil’gen Tage aber,

der Johanni ist geweiht,

zeigt sich, wenn sie drunten läuten,

offen alle Herrlichkeit.

 

Eine Kirche in den Felsen

Hat sich schimmernd aufgetan,

edle Schätze, Gold und Silber,

schaut der Wald verwundert an.

 

Sonnenhelle Strahlen leuchten

In die Wildnis weit hinein,

und die alten Bäume prangen

wunderlich im Zauberschein.

 

Eile, Menschenkind, zu haschen,

das zur heil’gen Stelle tritt,

nimm soviel die Arme fassen,

doch beflügle deinen Schritt!

 

Denn wie drunten nun gesprochen

Wird das Evangelium,

mit dem Wörtlein „Amen!“ krachend

schließt der Fels sich wiederum.

 

Wunderbar, wie er erglommen,

ist erloschen nun der Schein,

und in seine düstern Schatten

hüllt der Wald sich wieder ein;

 

Einsam, schauerlich und stille

Ist’s am hohen Fichtelberg,

oben fliegen scheu die Raben

in der Tiefe klopft der Zwerg.

 

*****
Vorschaubild: Ochsenkopf_Fichtelgebirge_Weißmainfelsen8.jpg, 2019, Urheber: Robert Kropf via Wikimedia Commons CC BY-SA 4.0.

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